Werden wir einander jetzt fremd?

Heute im Supermarkt hat mich eine gute Bekannte per Sie angesprochen. Sie hat mich nicht gleich erkannt mit der schönen Corona-Maske. Da kam bei mir sofort eine Sorge hoch: Werden wir einander jetzt fremd durch diese Zeit und ihre notwendigen Beschränkungen und Vorschriften?

Ich muss zugeben, ich habe die Bekannte auch nicht gleich erkannt. Erst auf dem 2. Blick habe ich gesehen, wer mich da freundlich aber halt per Sie eingeladen hat, bei der Kasse vorzurücken.

Der 2. Blick ist derzeit notwendig, ein genaueres Hinsehen, ein sich nicht mit dem 1. Blick zufrieden zu geben. Aber ist das nicht etwas Gutes? Wäre das nicht in jedem Fall sinnvoll, auch wenn keine Maskierung angeordnet ist?

Beobachten als Kraftquelle

Ein Schönstatt-Pater, der noch Pater Kentenich persönlich erlebt hat, hat erzählt: „Ich habe mich nie so verstanden gefühlt, wie bei den Treffen und Gesprächen mit Pater Kentenich! Ich habe mich dadurch auch selber besser verstanden.“ Josef Kentenich war ein Meister des Beobachtens. Er hat nicht nur das Äußere wahrgenommen, sondern konnte auch ins Herz sehen. Damit wurde er zu einer Kraftquelle für die, die zu ihm kamen.

So perfekt wie Pater Kentenich werden wir es wahrscheinlich nicht hinkriegen, aber auch hier gilt: Übung macht den Meister. Wenn wir schon durch die jetzige Zeit genötigt sind, auf den anderen genauer hinzusehen, um ihn auch zu erkennen, dann könnte das ja auch gleich zu einer Haltung werden. Ich gebe mich mit dem 1. Blick nicht zufrieden. Ich will beobachten lernen. Daher riskiere ich einen 2. Blick und einen 3. usw. Ich interessiere mich echt für den anderen. Ich möchte wissen, wie es ihm wirklich geht. Ich möchte ihm ein Stück Verstehen schenken. Kentenich nennt es: emporbildendes Verstehen.

Ich spüre, dass das auch eine Kraftquelle für mich selbst sein kann und natürlich für den anderen.

Und wieder hat eine Sorge und die Einschränkungen dazu geführt, eine Kraftquelle (neu) zu entdecken.

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